US-Präsident leitet Nato-Gipfel ohne Patzer ein: Biden kündigt weiteres Patriot-System für die Ukraine an (2024)

Zum Auftakt des Nato-Gipfels in Washington hat US-Präsident Joe Biden ein zusätzliches Patriot-Luftabwehrsystem der Vereinigten Staaten für die Ukraine angekündigt.

Zusammen mit bereits bekannten Beiträgen aus Deutschland, Rumänien, den Niederlanden und Italien seien „fünf strategische Luftverteidigungssysteme“ zusammengekommen, sagte Biden bei einer Feierstunde zum 75-jährigen Bestehen der Allianz.

Die Ankündigung fiel dürftiger aus, als manche erwartet hatten.Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte von den Verbündeten sieben Systeme gefordert – zwei mehr als nun zugesagt. Aus Nato-Kreisen hieß es, es sei enttäuschend, dass bis zu dem Gipfel nicht Zusagen für mehr Patriot-Systeme zustande gekommen seien.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte den USA, Deutschland und weiteren Nato-Staaten für die geplante Stärkung der Luftabwehr seines Landes. Er sei den Partnern dankbar, dass sie diese Erklärung zur Unterstützung des ukrainischen Luftverteidigungssystems verabschiedet hätten, schrieb Selenskyj auf der Plattform X.

Die zusätzlichen Luftverteidigungssysteme würden helfen, russische Drohnen und Raketen zu zerstören und die Ukrainer besser vor russischem Luftterror zu schützen. Er sei Biden für seine Führungsrolle und allen Partnerländern für ihr Engagement dankbar.

Biden, der nach seinem verpatzten TV-Duell unter besonderer Beobachtung steht, brachte seinen Auftritt in Washington fehlerfrei über die Bühne, allerdings mithilfe eines Teleprompters. Ihm war eine gewisse Anspannung anzumerken.

Der Festakt wurde in der US-Hauptstadt im Andrew W. Mellon Auditorium ausgerichtet und damit an dem Ort, an dem am 4. April 1949 mit dem Washingtoner Vertrag das Gründungsdokument der Nato unterzeichnet wurde. Biden würdigte das Bündnis als die „größte und wirksamste Verteidigungsallianz in der Geschichte der Welt“.

Nato will Ukraine 40 Milliarden Euro in Aussicht stellen

Mehrere Nato-Länder - darunter die USA, Deutschland, Rumänien, die Niederlande und Italien - kündigten in einem gemeinsamen Statement nun an, sie wollten „zusätzliche strategische Luftverteidigungssysteme zur Verfügung stellen, darunter zusätzliche Patriot-Batterien, die von den Vereinigten Staaten, Deutschland und Rumänien gespendet wurden“.

Außerdem wollten die Niederlande und andere Partner Komponenten liefern, um ein weiteres Patriot-System zu betreiben, hieß es. „Unsere Botschaft an Moskau und die Welt ist klar: Unsere Unterstützung für die Ukraine ist stark und standhaft.“

Beim Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs des Bündnisses der Ukraine bis Donnerstag neue Militärhilfen von 40 Milliarden Euro über ein Jahr in Aussicht stellen, auch neue bilaterale Sicherheitszusagen für Kiew werden erwartet.

Fast keine neuen Zusagen an die Ukraine

Das meiste davon ist nicht neu. Bei dem deutschen Beitrag handelt es sich nach Angaben aus Kreisen der Bundesregierung um eines von drei bereits gelieferten Patriot-Systemen. Rumänien und die Niederlande hatten ihre Beiträge auch bereits zuvor in Aussicht gestellt.

Die USA aber schicken nun ein weiteres Patriot-System an Kiew. Eines hatten sie bereits geliefert. Das Patriot-Flugabwehrraketensystem zählt zu den modernsten der Welt. Mit ihm werden feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft.

Nato-Generalsekretär Stoltenberg wirbt für neue Beitritte

Vor Biden hatte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gesprochen und für eine Aufnahme von beitrittswilligen Ländern wie der Ukraine geworben. Der Norweger sagte, die Erweiterung des Bündnisses nach dem Ende des Kalten Krieges habe Europa geeint, den Weg zur Integration geebnet und Frieden und Wohlstand über den Kontinent gebracht. Wie damals müssten auch heute „Klarheit und Entschlossenheit“ gezeigt werden, sagte er.

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© AFP/Jim Watson

Zu den Diskussionen über die Aufnahme von Ländern wie Polen, Tschechien und Ungarn Ende der 90er Jahre erklärte Stoltenberg, auch damals hätten einige befürchtet, dass eine Erweiterung die Nato schwächen und Moskau provozieren würde.

Am Ende sei man aber für das Recht jeder Nation eingestanden, selbst über ihren Weg zu entscheiden und habe die Tür der Nato geöffnet. „Kaum eine Entscheidung in der modernen Geschichte hat Europa so tiefgreifend verändert“, ergänzte er bei dem Festakt.

Stoltenberg forderte die Nato-Staaten zudem zur anhaltender Unterstützung der Ukraine auf. „Es gibt keine kostenlosen Optionen, wenn ein aggressives Russland unser Nachbar ist. Es gibt keine risikofreien Optionen in einem Krieg“, sagt Stoltenberg. „Die höchsten Kosten und das größte Risiko entstehen, wenn Russland in der Ukraine gewinnt. Das dürfen wir nicht zulassen.“ Das Bündnis müsse die gleiche Entschlossenheit zeigen wie in anderen bedeutenden Momenten seiner Geschichte.

Stoltenberg kündigt neue Vereinbarung an

Zuvor hatte Stoltenberg am Rande des Gipfeltreffens in Washington eine neue Vereinbarung zur Stärkung der Verteidigungsindustrie angekündigt. Es gehe darum, mehr zu investieren, die Produktion auszubauen und die transatlantische Zusammenarbeit zu verbessern, erklärte er vor Vertretern von Rüstungsunternehmen in Washington.

Der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, dass die Bestände an Waffen und Munition zu klein und die Produktionskapazitäten zu gering seien, sagte Stoltenberg. Zudem gebe es bedeutende Lücke bei der Interoperabilität, also der Fähigkeit von Streitkräften zur multinationalen Zusammenarbeit.

Das ist das Gegenteil von Interoperabilität.

Jens Stoltenberg, Nato-Chef

Als Beispiel dafür nannte der Norweger Probleme im Deutsch-Niederländischen Corps. Dort könne die niederländische 155-mm-Standardmunition nicht in deutschen Haubitzen verwendet werden und umgekehrt. „Das ist das Gegenteil von Interoperabilität“, kritisierte Stoltenberg.

Als ein positives Beispiel für Gemeinschaftsprojekte nannte er hingegen den F-35-Kampfjet, der nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Belgien, Kanada, Dänemark, Deutschland, Griechenland, Italien, Finnland, den Niederlanden, Norwegen und Großbritannien hergestellt werde.

Zudem sei gerade an diesem Dienstag ein neuer Gemeinschaftsvertrag zur Beschaffung von Stinger-Flugabwehrraketen unterschrieben worden. Er habe einen Umfang von fast 700 Millionen US-Dollar (646 Millionen Euro).

Umsetzung wird Milliardensumme kosten

Um eine bessere Planbarkeit bei den Anstrengungen zu bekommen, sieht die Vereinbarung nach Angaben aus dem Bündnis vor, dass alle Alliierten künftig nationale Verteidigungsindustriepläne vorlegen müssen.

Zudem soll es noch mehr gemeinsame Beschaffungsprojekte und Initiativen für den Einkauf sogenannter kriegsentscheidende Munition gehen. Zu dieser Kategorie werden im Bündnis etwa Raketen für Flugabwehrsysteme, präzisionsgelenkte Geschosse und 155-Millimeter-Artilleriemunition gezählt.

Eine konkrete Investitionssumme wird in der Vereinbarung der Bündnisstaaten nicht genannt. Nach Angaben des Beamten dürften allerdings Dutzende, wenn nicht Hunderte Milliarden Euro notwendig sein, um die neuen Ziele zu erreichen.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) rief die Nato-Partner zu verstärkter militärischer Unterstützung der Ukraine auf. Nach den Haushaltsplanungen gebe es in der deutschen Finanzierung „keine Lücke in dem Sinn“, es gebe aber einen kleineren Betrag als in diesem Jahr, sagte der SPD-Politiker am Rande des Nato-Gipfels in Washington. Gemeinsame Aufgabe sei es, „der Ukraine mit dem zu helfen, was sie braucht, aber auch mit dem, was wir uns leisten können“.

Wir Europäer müssen zunehmend mehr Verantwortung übernehmen.

Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister

Pistorius sagte: „Aber das ist gleichzeitig auch bitte zu verstehen als ein Appell an alle anderen Partner in Europa mehr zu tun, um die Ukraine eben auch durch dieses Jahr und das nächste zu führen.“

Pistorius betonte am Rande des Treffens, das Bündnis müsse eigene Maßnahmen zur Abschreckung deutlich stärken. Nötig seien moderne Kommandos und Führungsstrukturen. Nötig sei eine leistungsfähigere Rüstungsindustrie und eine nachhaltige Unterstützung der Ukraine.

„Dabei gilt insgesamt, wir Europäer übernehmen und müssen zunehmend mehr Verantwortung übernehmen im Sinne einer fairen transatlantischen Lastenteilung, auf die die Amerikaner und unsere amerikanischen Freunde zu Recht Wert legen“, sagte er.

Selenskyj reist mit Frau Olena nach Washington

Das Hauptquartier für den geplanten Nato-Einsatz zur Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte (NSATU) wird in Wiesbaden angesiedelt. Pistorius sagte dazu, Deutschland werde einen Zwei-Sterne-General als stellvertretenden Kommandeur stellen und bis zu 40 Mitarbeiter – Soldaten und Zivilisten.

Vor Beginn des Nato-Gipfels hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Washington einen Kranz am Denkmal für die Opfer der ukrainischen Hungersnot in den 1930er Jahren niedergelegt. Selenskyj reiste in Begleitung seiner Frau Olena, wie der staatliche ukrainische Auslandssender Freedom berichtete. Der Präsident habe auch Vertreter der ukrainischen Diaspora getroffen.

Vom dreitägigen Treffen der 32 Staats- und Regierungschefs der Nato-Mitglieder erhofft sich Selenskyj eine klarere Beitrittsperspektive für sein Land und eine stärkere militärische Unterstützung im Krieg gegen Russland. Insbesondere erwartet Kiew neue Zusagen bei Flugabwehrsystemen.

Die Ukraine wird seit über zwei Jahren bei der Abwehr der russischen Invasion vom Westen unterstützt. Seit 2019 hat das osteuropäische Land den Nato-Beitritt als Ziel in seiner Verfassung verankert. Russland hat als ein Kriegsziel einen neutralen Status des Nachbarstaates und will den Beitritt zum westlichen Militärbündnis verhindern. (dpa, AFP)

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Author: Chrissy Homenick

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